Das "Russenlager"
Weingarten: Abteistraße 5
„In jedem Ort gab es bald ausländische Zivilarbeiter, so auch in Weingarten, Ravensburg und Umgebung ... In Weingarten lassen sich neben 104 Kriegsgefangenen auch etwa 1135 ausländische Zivilarbeiter, in der Regel Zwangsarbeiter, nachweisen. In Ettishofen war ein Kriegsgefangenenlager, weitere Kriegsgefangene waren im Fechtsaal in der Kirchstraße 14 untergebracht. Die Zwangsarbeiter waren direkt bei ihren Arbeitgebern oder in Sammellagern untergebracht. Am strengsten behandelt wurden die Russen. Das größte „Russenlager“ Weingartens gehörte zur Maschinenfabrik Weingarten. Es befand sich in der Abteistraße 5, dem früheren Lehrlingsheim (Anm.: Wirtschaft zum Gambrinus). Es lassen sich dort etwa 166 Männer und 126 Frauen nachweisen ... das Durchschnittsalter betrug 1943 etwa 21 Jahre. Oben an der Abteistraße war eine Mauer, an der Seite dem Nachbargrundstück zu lediglich ein hoher Zaun. Eine Nachbarin steckte den Russenmädchen hin und wieder über den Zaun Brot zu, ganz unauffällig, denn jeder Kontakt war streng verboten. Ein Vorarbeiter aus der Maschinenfabrik Weingarten berichtet, dass es praktisch unmöglich war, Kontakt zu den Zwangsarbeitern zu pflegen, weil man laufend total überwacht wurde ... Das Schicksal der meisten Zwangsarbeiter in Weingarten bleibt unbekannt. Eine Gruppe von Frauen wurde aus Weingarten nach Konstanz verlegt ... Die Zwangsarbeiter hatten nichts zu lachen. Es gab vielerlei Strafen ... Jeden Donnerstag wurden einige Russen nach Ulm verschickt ...
Text: W. Heinz
Zitate aus dem Buch: Heinz, Werner: Altdorf/Weingarten (1805-1945), Industrialisierung, Arbeitswelt und politische Kultur, Bergatreute, Verlag Eppe, 1990, S. 318 – 319.