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Die Landschulheime und das Jüdische Zwangsaltersheim

Herrlingen

In Herrlingen, seit 1976 Teilort der Gemeinde Blaustein, entstand in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts eine beeindruckende pädagogische Provinz jüdisch-deutscher Reformpädagogik und zugleich ein Ort, der Teil der sog. Endlösung der Judenfrage durch die Nazis wurde.

Claire Weimersheimer (1883-1963) gründete 1912 in Herrlingen ein Kinderheim für verhaltensgestörte und schwer erziehbare Kinder und erzog sie nach reformpädagogischen Grundsätzen.

Käthe Hamburg (1893-1951) übersiedelte 1927 nach Herrlingen und gründete dort das sog. „Waldheim“ an der Karolinensteige für mittellose Kinder.

Anna Essinger (1879-1960) hatte von 1913-1917 in den USA studiert. Gemeinsam mit ihrer Schwester Claire Weimersheimer gründete sie 1926 das erste - nach reformpädagogischen Grundsätzen erziehende – Landschulheim in Württemberg. Als die Nationalsozialisten 1933 zur Macht kamen, emigrierte sie mit 65 SchülerInnen und sechs Lehrkräften nach England und gründete dort die „New-Herrlingen-School“ in Bunce Court, nahe Canterbury, die sie bis 1948 betrieb. Große Verdienste erwarb sie sich während des Zweiten Weltkriegs durch Maßnahmen zur Rettung tausender jüdischer Kinder aus Deutschland.

Hugo Rosenthal (1887-1980) übernahm das Schulgebäude von Anna Essinger und leitete von 1933-1939 das Jüdische Landschulheim. Als bekennender Zionist wollte er die Schülerinnen und Schüler auch auf die Ausreise nach Palästina vorbereiten. Sein Lehrer Martin Buber war 1934 zu einer Konferenz der Mittelstelle für jüdische Erwachsenenbildung in Herrlingen. Im Schuljahr 1936/1937 besuchten 150 Schülerinnen und Schüler seine Schule, die er 1939 schloss . Unter dem Namen Josef Jashuvi setzte Rosenthal in Palästina sein pädagogisches Wirken fort.

Das Jüdische Altersheim (1939-1942) wurde in den Räumlichkeiten des Jüdischen Landschulheims eingerichtet. Die Zwangsaltersheime waren verkappte Sammellager, die einen möglichst unauffälligen Transport in die Konzentrationslager gewährleisten sollten.

Von insgesamt 151 Bewohnern erlitten 119 einen verfolgungsbedingten Tod, d.h. sie wurden in Todestransporten nach Treblinka , Theresienstadt, Riga, Izbica und Auschwitz befördert und dort ermordet.

Text: K. Giebeler

 

Kontakt/Verwaltungsadresse:
Karl Giebeler, Kiefernweg 27, 89134 Blaustein,
Tel.: 07304/41631, E-Mail: kgiebeler@aol.com

Literatur: Dietrich Winter, Herrlingen – Begegnungen mit außergewöhnlichen Persönlichkeiten; Ulrich Seemüller, Das jüdische Altersheim Herrlingen und das Schicksal ihrer Bewohner; Sara Giebeler u.a., Profile jüdischer Pädagoginnen und Pädagogen

Weitere Informationen: Haus Unterm Regenbogen – Vereine Eine Welt & Erinnerungsarbeit Herrlingen e.V.; www.haus-unterm-regenbogen.de

Download der Gesamtbroschüren

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