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Hermann- und Barbara-Levinger-Haus

Denkstätte Widerstand Weingarten – Widmungshäuser

Hermann Levinger stammte aus einer jüdischen Familie aus Karlsruhe und wurde 1865 geboren. Er konvertierte schon während seines Jurastudiums zum protestantischen Christentum, von 1898 bis 1902 war er als Amtmann beim Bezirksamt in Überlingen angestellt. Zwischen 1902 und 1908 arbeitete Hermann Levinger am Bezirksamt Mannheim.

1902 heiratete er die verwitwete Maria Karolina von Bünau, geborene Staib. Am 26.12.1904 wurde die Tochter Barbara Levinger geboren.

Von 1908 an war Hermann Levinger Amtsvorstand des Bezirksamts in Überlingen. In der Zeit seines Wirkens bis 1930, während der großherzoglichen bzw. Kaiserzeit ebenso wie während der republikanischen Weimarer Zeit, bewirkte er viel Positives in der Stadt Überlingen und im Amtsbezirk bzw. Landkreis, unter anderem war er einer der Mitbegründer der Unteruhldinger Pfahlbauten. Die Familie Levinger lebte im Obergeschoß des Bezirksamts in der Bahnhofstraße, hier wuchs auch Barbara Levinger auf, die in den zwanziger Jahren als Schriftstellerin und Schauspielerin tätig war.

Nach seiner Pensionierung im September 1930 zog Hermann Levinger mit seiner Familie nach Wiesbaden. Dort lebte die Familie zurückgezogen, Maria Levinger starb 1933. Hermann Levinger galt nach den rassistischen Gesetzen des Dritten Reiches als Jude, Barbara Levinger als Halbjüdin. Als den beiden die Deportation bevorstand, nahmen sie sich im Dezember 1944 mit Gift das Leben.

Beide hatten bis an ihr Lebensende engen Kontakt zu Menschen in Überlingen gepflegt, sie hatten auch dafür gesorgt, daß sie, wie schon zuvor Maria Levinger, in Überlingen bestattet wurden. Überlingen war die Heimat und der Lebensmittelpunkt dieser Familie.

Text: Oswald Burger

 

Zur NS-Opfergruppe der in den Suicid Gegangenen:

In „Selbstmord im Dritten Reich“ (Suhrkamp, Berlin) fügt Christian Goeschel zwei Aspekte von Freitod während dieser Epoche zusammen: den Freitod von Verfolgten der Nazis und deren eigenen Freitod in der Verlustphase ihrer Gewaltherrschaft 1945.

In der Zeit der Deportationen zwischen 1941 und 1943 gingen mehrere tausend Juden in den Freitod. Ihr Motiv war nicht nur das Ausweichen vor wohl noch schmerzvollerem Schicksal, sondern der Freitod als Akt der Selbstbehauptung. „Ich will nicht leben ohne Vaterland, ohne Heimat, ohne Wohnung, ohne Bürgerrecht, geächtet und beschimpft“. Dies schrieb die Berliner Jüdin Hedwig Jastrow kurz nach der Reichspogromnacht in einem Abschiedsbrief vor ihrem Freitod. Auch politische Gegner der Nazis, Homosexuelle und andere Ausgegrenzte wählten diesen Weg zur Bewahrung von Würde und Selbstbestimmung.

Auf seinem Weg zur Macht sprach Hitler verachtungsvoll von der Zunahme von Selbstmorden während der Weimarer Republik – ein Zeichen ihrer Dekadenz. Die kranke Psyche von Selbstmördern war für ihn Ausdruck eines kranken Systems. Als es 1945 auf ihr eigenes Ende zuging, töteten sich nicht nur die obersten Repräsentanten der NS-Führung, sie rissen vielmehr weit in die Reihen ihrer Gefolgschaft ihre Opfer in den Untergangsstrudel mit herein

 

Literatur: Die Levingers
Bild: Fotoalbum Fam. Egon Kohler, Überlingen

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