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Hans-David-Elkan-Haus

Denkstätte Widerstand Weingarten – Widmungshäuser

Hans Elkan wurde im Jahr 1900, als Sohn des letzten Vorstehers der Israelitischen Kultusgemeinde Theodor Elkan, geboren. Er studierte, u. a. bei Heidegger und Husserl, Philosophie an der Universität Freiburg – eine für Vorarlberger Verhältnisse ungewöhnliche, aber der aufklärerischen Tradition des liberalen Hohenemser Judentums entsprechende Wahl. Dieses Studium schloss er mit einer Dissertation über Platon ab. 1934 erlangte er die österreichische Lehrbefugnis an der Universität Innsbruck und unterrichtete einige Jahre als Probelehrer (ohne Bezahlung). Eine ordentliche Lehrerstelle wurde ihm jedoch verweigert.

Gleichzeit schrieb er an Aufsätzen, wie dem zum 175. Geburtstag von Friedrich Schiller, las Wilhelm von Humboldt, Hölderlin, Mörike und Kierkegaard und er arbeitete an einer historischen Kartensammlung für das Landesarchiv.

Auf das Haus seiner Familie in Hohenems wurde von illegalen Nationalsozialisten einer der berüchtigten Böller-Anschläge verübt, eine Warnung vor dem, was noch kommen sollte. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten durfte Elkan nicht mehr unterrichten. In seinen letzten Jahren beschäftigte er sich viel mit Gartenpflege.

Gemeinsam mit seinem Vater kümmerte er sich um die letzten Gemeindeangelegenheiten. So versuchten sie nach 1939 die Torarollen aus der Hohenemser Synagoge vergeblich nach St. Gallen in Sicherheit zu bringen. Außerdem kümmerten sie sich um den alleine und verlassen in der Nervenheilanstalt dahin vegetierenden Lehmann Lev Heilbronner, der dort bald sterben sollte. Elkan und seine Eltern wollten Hohenems nicht verlassen – im Mai 1940 wurden sie nach Wien zwangsumgesiedelt. 1942 wurde die Familie ins KZ Theresienstadt deportiert, wo sie 1944 zu Tode gebracht wurden.

Text: Thomas Fruhmann

 

Die Jüdin Hannah Arendt und der Jude Hans Elkan haben Martin Heidegger in Freiburg als Philosophielehrer erlebt. Noch bevor er seine Rektoratsrede gehalten hat, von der wir – nach Erscheinen der „Schwarzen Hefte“, der Bände 94 –96 der Gesamtausgabe – wissen, dass sie kein Betriebsunfall gewesen ist. Beide sind von seinem philosophisches Denken beeindruckt gewesen. Von Elkan sind mir keine abschätzigen Wertungen Heideggers bekannt.

Der feinsinnige und zutiefst in deutscher Geistes- und Kulturgeschichte, Literatur und Kunst verwurzelte Hebräer Hans Elkan aus der Hohenemser liberalen Israelitischen Kultusgemeinde, dessen Freiburger Dissertation zu Platon ihn als gediegen Wissenden um die geistigen Wurzeln Europas ausweist, bleibt in seiner Melancholie großmütig und in seinem tragischen Weg in den Tod von Theresienstadt verwurzelt in der Treue zum Bundesgott seines Volkes.

Wenn Philosophie zwar auch eine Wissensform – aber mehr noch eine reflektierende und meditierende Lebensform ist, begegnen wir in Hans Elkan einem staunensfähigen philosophischen Menschen. Der die Intentionen der Husserlschen Phänomenologie glaubwürdiger umgesetzt hat als sprachspielende Artisten im Umgang mit dem Jargon der Eigentlichkeit und fragwürdigem archaischem Bodengewurzel.

Die Philosophen-Gemeinde rund um den See und in weiteren vorderösterreichischen Gefilden – von Freiburg bis Weingarten und von Meßkirch über Konstanz, St. Gallen nach Hohenems – ehrt nicht nur den Gärtner und Philosophen Elkan: sie liebt ihn. Und sie nimmt – vergleichbar mit der von Hannah Arendt wahrgenommenen Banalität des Bösen – die Banalität einer politischen Kultur zur Kenntnis, in der partiell geniale Leistung unintegriert neben primitiven antisemitischen oder antiziganischen Denkkonstrukten in den Gehirnregalen menschlicher Köpfe zu stehen vermag – und der Kopf eines Martin Heidegger oder eines Richard Wagner davon nicht ausgenommen werden kann.

Text: Wolfgang Marcus

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