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Geschwister-Scholl-Schule der Stiftung KBZO: Mehr als nur ein Schulname

Denkstätte Widerstand Weingarten – Widmungshäuser

Seit dem 8. Juli 2011 hören die allgemeinbildenden Schulen der Stiftung KBZO auf den Namen Geschwister-Scholl-Schule. Benannt nach Sophie und Hans Scholl, den bekanntesten Mitgliedern der Widerstandsbewegung „Weiße Rose“. Ihre Auflehnung richtete sich gegen das diktatorische Nazi-System, das auch die Rechte und die Würde von Menschen mit Behinderung auf unmenschlichste Weise missachtete.

„Ein Name, der verpflichtet und der zu uns passt“, sagt der Vorstandsvorsitzende der Stiftung KBZO, Dr. Ulrich Raichle. „Denn die Geschwister Scholl sind Vorbilder für selbstständiges, eigenverantwortliches und kritisches Handeln und den Mut, für eigene Überzeugungen einzustehen.“ Sie stehen damit für erzieherische Werte, die im direkten Zusammenhang gesehen werden können mit der im Leitbild der Stiftung KBZO formulierten zentralen pädagogischen Aufgabe, „die Kinder und Jugendlichen in ihrer Individualität zu erfassen, soziale und lebenspraktische Fähigkeiten zu vermitteln mit dem Ziel, in weitest gehender Selbstständigkeit ein eigenständiges und eigenverantwortliches Leben zu gestalten“.

Schüler und Lehrer hatten sich bei der Vorbereitung auf die Namensgebung viele Gedanken gemacht und in Wort, Bild und Gesang mit dem Thema auseinandergesetzt. Ein Höhepunkt dabei: Der Briefwechsel von Schülern mit Franz J. Müller, dem damals letzten noch lebenden Mitglied der Widerstandsgruppe.

Müller, der am 31. März 2015 im Alter von 90 Jahren verstorben ist, schrieb den Schülern: „(…) Ich erfuhr als Jugendlicher von der Tötung, vielmehr der Ermordung geistig Behinderter: In unmittelbarer Nähe, keine zwei Kilometer entfernt von unserem Bauernhof in Einsingen bei Ulm lag der ,Riedhof‘. Man erzählte, dass von dort geistig Behinderte abtransportiert würden und nie wieder etwas von ihnen gehört wurde. Meine Mutter sagte damals: ,Von denen kann man auch nichts mehr hören. Sie werden umgebracht.‘ Bei Nacht und Nebel wurden sie abgeholt, weil die Bevölkerung nichts mitbekommen sollte. Ich hörte die Leute aber trotzdem davon reden, dass die sensiblen Behinderten scheinbar wohl geahnt hatten, was ihnen bevorstand und sich deshalb laut schreiend gegen den Abtransport zu wehren versucht hätten. Das bestärkte mich in meiner Anti-Haltung gegen Hitler und seine Nazis. (…)“

Franz J. Müller, damals Mitglied der „Ulmer Abiturientengruppe“ der Weißen Rose und 1986 Gründer der Weiße Rose Stiftung, lobte die Intensität, mit der sich die KBZO-Schülerinnen und Schüler der Thematik widmeten. Weshalb er sich zuversichtlich äußerte, dass „die Schule dem Namen sicherlich gerecht werden“ wird.

„Gelebte Erinnerungskultur“

Darauf sind Kollegium und Schülerschaft auch bedacht. Ein großformatiges Bild in der Eingangshalle erinnert an die Namenspatrone und damit zugleich an das Thema Verantwortung; Gedenktage zu entsprechenden Daten werden mit Schülerveranstaltungen begangen; die zur Schultaufe gepflanzten weißen Rosen werden rührig umsorgt. „Wir wollen aber keine schlichte Gedenkkultur, sondern gelebte Erinnerungskultur“, betont der stellvertretende Schulleiter der Heimsonderschule, Wolfgang Greshake. „Verantwortung für sich und andere übernehmen“ laute das in diesem Zusammenhang pädagogisch überdauernde Thema. „Das passt sehr gut zu unserem Gesamtauftrag, Aktivität und Teilhabe‘“, sagt Greshake.

„Wir wünschen uns, dass wir die Schule stachelig wie Rosen, aber mit einer weißen Weste verlassen“, sagte Daniel aus der 9. Realschulklasse am 8. Juli 2011 anlässlich der feierlichen Schultaufe.

Text: Clemens Riedesser 

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