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Campus Weiße Rose
09.02.2022

Mitteilung Nr. 01-2022 des DENKStättensekretariats

Im Fokus:

1. Informationen aus dem Sprecherrat der LAGG: Kooperation mit Schulen, Digitalisierung, Transparenzregister, Essentials der Erinnerungsarbeit

2. Denkstättenkuratorium - Pflege und Erweiterung des Netzwerks des DSK: Broschüre, neue Forschungsergebnisse, neues aus der Recherchearbeit, neue Kontakte

3. Veranstaltungen und Aktivitäten: Klang-Collage zum Gedenken an den 100. Geburtstag von Sophie Scholl, Ausstellung „Gurs 1940“, Umgang mit Kriegerdenkmälern

 

Sehr geehrte Mitglieder, sehr geehrte Freund*innen unseres Denkstättenkuratoriums,

nachdem wir auf Grund der Corona-Situation auch in diesem Jahr auf eine Jahresversammlung verzichtet haben, möchten wir den Kontakt im Netzwerk des Denkstättenkuratoriums wenigstens durch einen ausführlichen Newsletter halten und wünschen Ihnen eine anregende Lektüre.

 

1. Informationen aus dem Sprecherrat der LAGG (Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten in BW)

1.1. Kooperation mit Schulen

Wichtiges Thema bei den Konferenzen des Sprecherrats war die Auseinandersetzung mit dem Kultusministerium, das Schulbesuche in Gedenkstätten und Denkorten verpflichtend machen wollte. Es ist dem Sprecherrat gelungen, das Ministerium von den negativen Auswirkungen des Vorhabens zu überzeugen. Das Kultusministerium stimmte zu, dass fortan die Zentren für Schulqualität und Lehrerbildung [ZSL] die Erinnerungsarbeit besonders unterstützen. Am 9. November 2021 wurde eine gemeinsame Erklärung zur „Förderung von historisch-politischer Bildung an außerschulischen Geschichtsorten in Baden-Württemberg“ erarbeitet. Bildungspartnerschaften sollen zwischen Schulen und außerschulischen Geschichtsorten/Denkorten vor Ort geschlossen werden. Die Kooperationen können Führungen und Besuche, Selbsterkundungen (auch mit digitalen Medien), ganztägige Quellenarbeit und Projektarbeit, „Schüler führen Schüler“- Formate oder die Beteiligung an Veranstaltungen am Lernort/Denkort umfassen. Hier der Link zur Homepage.

 

1.2. Rolle der Digitalisierung für die Erinnerungsarbeit:

Als Folge der Pandemie rückte die Digitalisierung der Erinnerungsarbeit immer mehr in den Vordergrund. Der Sprecherrat regte daher eine Fortbildungsreihe mit den Themen „Digitalisierung“ und „E-Learning“ in Gedenkstätten und Denkorten an: E-Learning-Politik

 

1.3. Transparenzregister:

In den letzten Monaten erhielten viele Gedenkstätten einen "Bescheid über die Jahresgebühr für die Führung des Transparenzregisters" für die Jahre 2018, 2019 und 2020, mit Steuern ein Betrag in Höhe von 11,52 €. Das Transparenzregister bezieht durch das Vereinsregister nur Indexdaten (Vereinsname, Sitz, Vorstände inkl. Anschriften). Dem Transparenzregister liegen keine Informationen zur Gemeinnützigkeit der Vereine vor. Diese liegen bei den Finanzämtern. Der Bund arbeitet daran, bis zum Jahr 2025 ein Gemeinnützigkeitsregister aufzubauen, das dann einen automatischen Abgleich mit dem Transparenzregister und eine automatische Gebührenbefreiung ermöglicht. Dies ist jetzt noch nicht der Fall! Laut neuem Gesetz zahlt aktuell jeder Verein eine jährliche Gebühr. Da eine Befreiung von der Gebühr rückwirkend nur für das laufende Kalenderjahr möglich ist, sind die Vereine verpflichtet, die aktuelle Rechnung für die Jahre 2017 bis 2020 zu bezahlen! Die Gebühr kann nicht rückwirkend erlassen werden.“

Dr. Katrin Hammerstein und der Sprecherrat empfehlen allen Gedenkstätten/ Denkorten, die noch keinen Antrag auf Gebührenbefreiung gestellt haben, diesen möglichst bald zu stellen.

 

1.4. Essentials der Erinnerungsarbeit

Am 10. Juli fand die Jahrestagung der Gedenkstätten in BW virtuell statt. Prof. Jens-Christian Wagner, Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, brachte wichtige Gedanken in die Diskussion ein: Die Erinnerungsarbeit ist nicht der verlängerte Arm der Schulen, denn sie muss die Erwachsenen erreichen, sie muss alle Altersgruppen ansprechen, sie muss den Blick auf die verschiedenen Berufsgruppen richten, auf Verantwortliche und Beschäftigte der Verwaltung, Justiz, Polizei, Medizin, aber auch des Handwerks, der Industrie, des Handels und auf Vertreter der Gewerkschaften. Es müssen spezielle Formate dafür entwickelt werden. Der Trend geht weg von den klassischen Führungen zu pädagogischen Projekten (vor allem der Erwachsenenbildung).

Der Nationalsozialismus darf nicht nur vom Ende her gedacht werden. Er muss von seinen Anfängen her betrachtet werden. Die Gründe für seinen Entstehung und seinen Erfolg müssen aufgezeigt werden.

Die Gedenkstätten und Denkorte sie sind vor allem Beweisorte! Die Aufgaben der Gedenkstätten/Denkorte umfassen das Gedenken, Dokumentieren und vor allem die Bildung.

 

2. Denkstättenkuratorium - Pflege und Erweiterung des Netzwerks

 

2.1. Broschüre

Einen Schwerpunkt in der Arbeit des DSK bildet die Pflege des Netzwerks der Denkorte im Denkstättenkuratorium durch die Unterstützung des Gedenkens an den vorhandenen Denkorten. Dem dient die Verbreitung der Gesamtbroschüre durch die Weitergabe an örtliche Initiativen, Stadtverwaltungen, Büchereien und Schulen als sukzessive Daueraufgabe.  Bitte melden Sie sich bei Philipp Stäbler (philipp.staebler@studentenwerk-ev.de), wenn Sie Broschüren brauchen. Sie ist als seine Art „Regionales Geschichtsbuch“ ein vorzügliches Medium, um unser Netzwerk und seine regional bezogene Erinnerungsarbeit vorzustellen.

 

2.2. Neue Forschungsergebnisse: Aufnahme auf Homepage des DSK

Gertrud Graf arbeitet fortlaufend daran, neue Forschungen innerhalb der Region zu erfassen, damit wir sie unter der Rubrik „Neue Forschungsergebnisse“ auf unserer Homepage (www.dsk-nsdoku-oberschwaben.de)der Öffentlichkeit zugänglich machen können, bis wieder eine Broschüre herausgegeben wird.
So wächst eine Datenbank mit neuen interessanten Berichten heran, die von allen Interessierten, vor allem auch Schulen, genutzt werden kann. Inzwischen enthält die Datenbank 31 Beiträge aus Oberschwaben.
Sehen Sie sich mal in dieser Datenbank um und melden Sie sich mit neuen Forschungsergebnissen, damit wir sie in dieser Datenbank aufnehmen können. Sie erreichen Gertrud Graf unter der E-Mail-Adresse: gertrudgraf37@gmail.com.

 

2.3. Neues aus der Recherchearbeit:

Ein Pastor und ein Pfarrer leisten Widerstand: Durch die Erinnerungen von Jean-Pierre Hippert, Luxemburger Widerstandskämpfer und Überlebender des KZ Spaichingen, stießen wir in der Region Spaichingen auf zwei Geistliche, die sich trotz Gestapohaft nicht entmutigen ließen und gegenüber dem NS-Regime unbeirrt ihre unbequeme Meinung vertraten: Pastor Hermann Schäfer aus Hausen ob Verena und Pfarrer Bernhard Scheel aus Balgheim.

Sie beschützten den flüchtigen Henri Fricker (Leiter des französischen Widerstands im Elsaß). Pastor Schäfer organisierte heimlich Medikamente für die Häftlinge des KZ Spaichingen. Henri Fricker wurde Ende April 1945 für kurze Zeit Stadtkommandant von Spaichingen.

Ein Buch zur Geschichte des KZ Spaichingen: Die „Initiative KZ-Gedenken Spaichingen e.V.“ erarbeitete das Buch „Sie waren nur noch Haut und Knochen“ – Das KZ Spaichingen 1944/1945“. Das Buch erschien im November 2021 und wurde von der LpB gefördert. Zwei Beträge wurden aus unseren Recherchen übernommen: „Von Spaichingen nach Steingaden - Der Todesmarsch der Spaichinger Häftlinge“ und „Häftlinge auf dem Todesmarsch – ihre Schicksale“.

Museumsgesellschaft Ehingen hat ein Buch von Autor Christian Rak herausgegeben:

"Nationalsozialismus in Ehingen - Schlaglichter von der Gründung der NSDAP-Ortsgruppe bis zur Entnazifizierung". ISBN: 978-3982083513 – 20,00 Euro.

Neue Beiträge unter dem Link „Forschungsergebnisse: Dort finden Sie inzwischen auch einen Artikel von Kurt Ott: „Sophie Scholl in Sigmaringendorf“.

Unter Spaichingen erscheinen die Texte: „Ein Pastor und ein Pfarrer der Region Spaichingen im Widerstand“, Henri Fricker - Französischer Stadtkommandant von Spaichingen“. In der Sammelmappe „Spaichingen - Spuren der Todesmärsche“ befinden sich die Aufsätze: „Todesmarsch aus Sicht der Häftlinge“, Zeugenaussagen zum KZ Spaichingen aus dem I. Rastatter Prozess“, „Paul Galibert - Widerstand während der KZ-Haft“.

 

2.4. Neue Kontakte

Julius Haag vom Geschichtsverein Altshausen (sein Großvater versteckte in der Schmiede in Ratzenreute einen KZ-Häftling), Franz Liesch für Baltringen (Gedenken an Lehrer Fluhrer), Walther Paape für Dietfurt (Erforschung des Präfaschistischen Neutemplerordens“), Wolfgang Wirth für Fridingen (Spuren von Todesmärschen), Rosa Eisele für Haisterkirch (Denkort für Julius Spiegel und Karl Panhans), Frau Dr. Dapp und Frau Feldes für Spaichingen (Initiative KZ-Gedenken Spaichingen), Otto Pritschet (Heimatpfleger Sulzberg), Andreas Forderer in Ziegelbach (das Dorf wurde durch KZ-Häftlinge gerettet).

 

3. Veranstaltungen und Aktivitäten

 

3.1. Sophie Scholl mit Verspätung

Die Präsentation der besonderen Klang-Collage zeitnah zum 100. Geburtstag von Sophie Scholl im Mai hatte die Corona-Pandemie verhindert. Nun konnte im Festsaal der Pädagogischen Hochschule die Text-Bild-Ton-Collage dargeboten werden. Bevor die Klang-Collage ertönte, führten Hannes Ibele und Peter Mang in das Leben von Sophie Scholl und die Produktion der Klang-Collage ein. Dies allein war schon beeindruckend, als dann aber die Collage mit fünf Sätzen gestartet wurde, war es mucksmäuschenstill im Raum.

Der 1. Satz hat Sophies Haltung zu Musik und Religion der Jahr 1941 und 1943 zum Inhalt und umfasst Werke des Trostes und der Muße von Mozart, Brahms, Berg, Schubert und Bach. Eindrücklich wurde anhand von Zitaten von Sophie Scholl aufgezeigt, wie sie zwischen Nachdenklichkeit, Zweifel, Frohsinn und Lebensbejahung pendelte. Im 2. Satz erfährt man von Sophies Abkehr vom Nationalsozialismus und hört NS-Propaganda-Musik sowie von den Nazis missbrauchte Musik der Romantik. Zwei Briefauszüge von Sophie Scholl demonstrieren, wie sehr Sophie die Einstellungen ihrer Vorgesetzten und Kameradinnen verachtete. Die Flugblattaktion am 18. Februar 1943 mit Friedens- und Versöhnungsmusik von Händel, Gesius, Bruch, Beethoven und Bach ist Gegenstand des 3. Satzes. Sophies Scholls Hoffnung, an der sie bis zum Tod festhielt, dass Gewalt und Krieg nicht das letzte Wort in dieser Welt haben, wird dadurch Ausdruck verliehen. Nabucco bildet den Auftakt zum 4. Satz, der Sophies Verhaftung und Verhöre vom 18. bis 20. Februar 1943 zum Inhalt hat und Musik im Spiegel von Unterdrückung enthält. Der 5. Satz schließt mit Sophies Verurteilung und Hinrichtung am 22. Februar 1943 und bringt Musik von Künstlern zu Gehör, die durch die Nazis zu Tode kamen.

Nachdem sich der große Beifall gelegt hatte, konnten die Studierenden des Faches Musik der Pädagogischen Hochschule Saskia Biehler, Stefanie Bucher, Tom Heilmann, Frieder Paul Hermann, Simone Huber, Johanna Kreuzer, Peter Mang, Franziska Ochtrup jeweils ein Geschenk vom Vorsitzeden des Studentenwerks Weiße Rose, Peter Ederer, in Empfang nehmen. Herr Ederer dankte auch den Dozenten Dr. Andreas Höftmann und Dr. Andreas Sommer, welche die Studierenden bei ihrer Collage-Arbeit begleitet hatten Zuletzt dankte er dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, für die Projektförderung durch Mittel des Bundesprogramms „Demokratie leben!“

 

Die Klangcollage kann jederzeit auf unserer Homepage online angesehen und angehört werden.

 

3.2. Ausstellung „Gurs 1940“

Im Rahmen des lokalen Projekts „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ im Raum Ravensburg-Weingarten hat das Denkstättenkuratorium in Zusammenarbeit mit der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart in deren Räumen in Weingarten vom 26. September bis 10. Oktober die Ausstellung „Gurs 1940“ gezeigt. Dabei handelte es sich um eine von der Gedenk- und Bildungsstätte „Haus der Wannsee-Konferenz“ gestaltete, bundesweit gezeigte Wanderausstellung über die Deportation und Ermordung von 6500 südwestdeutschen Jüdinnen und Juden, die im Oktober 1940 aus Baden, Rheinland-Pfalz und dem Saarland in das südfranzösische Lager Gurs verschleppt wurden. Die Ausstellung zeigt neben den Phasen der NS-Politik gegenüber den Juden auch , wie die örtliche Bevölkerung sich verhielt, welche Umstände die Deportierten in Gurs erwartete, wie der Umgang der Franzosen mit französischen Juden war, auf welche Weise viele von ihnen mit Hilfe der Kollaboration der Vichy-Regierung im August 1942 zur Ermordung in die Vernichtungslager deportiert wurde. Darüber hinaus beschäftigt sich die Ausstellung auch mit der Aufarbeitung der Verbrechen (z.B. des „Schlächters von Lyon“, Klaus Barbie) in Deutschland und Frankreich in der Nachkriegszeit. Insgesamt handelt es sich um eine inhaltlich sehr vielseitige Ausstellung, die die beiden Länder Deutschland und Frankreich unter dem Aspekt der Judenpolitik verbindet. Auf der Vernissage der Ausstellung am 26. September 2021 berichtete die Lokalhistorikerin Frau Mayenberger am Beispiel von Bad Buchau von der Deportation von Juden aus Württemberg in die Vernichtungslager. Dabei machte sie klar, dass dort Juden trotz einer gewissen Integration über Jahrhunderte nicht vor der Deportation geschützt waren.

Die Aktualität der Wannsee-Konferenz mit ihrer medialen Aufmerksamkeit ist vielleicht ein Anlass für manche von Ihnen, sich mal im „Haus der Wannseekonferenz“ nach dieser Ausstellung zu erkundigen. Sie lohnt sich auf jeden Fall, gerade wegen ihrer vielfältigen Informationen über die deutsche und französische Judenpolitik und die Kollaboration zwischen diesen Ländern bei der Judenvernichtung unter Kriegsbedingungen.
Im Anhang finden Sie als Anlagen 1 und 2 eine Pressemitteilung zu der Ausstellung sowie einen Zeitungsbericht von der Vernissage.

 

3.3. Umgang mit Kriegerdenkmälern am Beispiel Baienfurt

Vermutlich in vielen Orten – vor allem bei Kriegerdenkmälern mit problematischen Texten oder Namensgebungen - stellt sich die Frage, wie man heute mit diesen Gedenkstätten umgehen soll. An jedem Volkstrauertag stellt sich diese Frage in Verbindung auch mit der Frage der Gestaltung des Volkstrauertags angesichts von oft nur noch geringem Besucherinteresse. Vielleicht kann deshalb ein Bericht über die Sanierung, zeitgemäße Kommentierung, Umbenennung des im Jahre 1962 in Baienfurt errichteten „Ehrenmals für die Opfer der beiden Weltkriege“ und eine begleitende Öffentlichkeitsarbeit in Form einer Ausstellung und einer Rede zum Volkstrauertag Anregungen geben.

Es begann mit dem Wunsch, durch eine Sanierung der inzwischen verwitterten Gedenkplatten mit den durch die Verwitterung unleserlich gewordenen Namen der Gefallenen diese wieder leserlich zu machen und damit wieder ins Bewusstsein zu rücken. Daraus ergab sich eine Gesamtsanierung der gesamten Anlage auf dem Friedhof, die von den Gedenkplatten umrahmt wird und in deren Mitte ein Sarkophag steht, auf dessen Seitenansichten nicht nur Soldaten um gefallene Kameraden trauern, sondern auch das Leben im KZ und die Flucht vor dem Bombenkrieg dargestellt wird, also auch an andere Opfer des Nationalsozialismus erinnert wird. Letztlich also ein recht modernes Denkmal ohne propagandistische Heldenverklärung und ohne Sinngebung für das sinnlose Sterben im verbrecherischen Angriffskrieg. Trotzdem kam nach der Lektüre vieler Dokumente aus dem Ortsarchiv im Rahmen dieser Sanierung die Idee einer zeitgemäßen Kommentierung des „Ehrenmals“ auf einer Gedenkstele auf, durch die die Anlage ergänzt werden sollte. Dieser Text wurde in einem Arbeitskreis Ortsgeschichte, in dem sich vor allem ältere Menschen und Zeitzeugen betätitgen, erstellt und vom Gemeinderat verabschiedet. Die Gedenkstele mit dem Text wurde zum Volkstrauertag 2020 aufgestellt.

Grundgedanken des Stelentextes sind:

- kein Heldenkult ( „Heldentod für Führer, Volk und Vaterland“ ) und keine Betonung der „Ehre“, für das Vaterland zu sterben , womit damals die Angehörigen getröstet und letztlich der Krieg durch eine Sinngebung fälschlich legitimiert wurde.

- stattdessen Betonung der Trauer um Menschen aus der Gemeinde

- Erklärung für das Kämpfen dieser Menschen als „Werkzeuge“ im Krieg für die NS-Diktatur

- Erwähnung des Leids der Menschen aller Nationen, das in diesem Angriffskrieg von deutschen Soldaten über die Welt gebracht wurde

- Verdeutlichung der Beschönigung des Sterbens im Krieg durch einen speziellen Sprachgebrauch

- aktuelle Lehren aus den Kriegen, Friedenswille

- Aufarbeitung der Geschichte des Gedenkens in Baienfurt nach dem 1. und nach dem 2. Weltkrieg

 

Konsequenterweise und vor allem auch wegen der Orientierung auf Lehren aus der Geschichte – vor allem auch für die Jugend – wurde das jetzige „Ehrenmal“ in einen „Denkort Opfer der Weltkriege“ umbenannt.

Um die Aussagen des Stelentextes mit anschaulichen Quellen aus der Geschichte der beiden Weltkriege zu erläutern und anschaulich aufzuzeigen, wie die Kriegspropaganda und die Züchtung von Heldentum und Opferbereitschaft funktionierte, wurde zusätzlich eine Ausstellung mit Material aus dem Ortsarchiv konzipiert. Dort fand sich genügend Material, um den Gefallenen ein Gesicht zu geben, die Kriegspropaganda mit der Sinngebung des Krieges, mit der Züchtung von Opferbereitschaft und Heldentum durch den Heldenkult, mit der Beschönigung des Krieges zu entlarven, z.B. auch in Durchhaltereden des Bürgermeisters mit der Aufzählung der Gefallenen und ihrer Sterbeorte. Zu den Themen der Ausstellung gehört auch ein Blick auf das Gedenken nach dem 1. und nach dem 2. Weltkrieg – unter dem Aspekt, ob und inwieweit die Kriegspropaganda überwunden wurde oder noch – wie nach dem 1. Weltkrieg – schädlich nachwirkte. Letztlich auch ein Blick auf die Motive bei der Errichtung des „Ehrenmals“ im Jahr 1962, als man sich immer noch nicht traute, die Sinnlosigkeit des Sterbens in einem verbrecherischen Angriffskrieg zuzugeben. So wird die Notwendigkeit einer zeitgemäßen Kommentierung ohne Überheblichkeit gegenüber den Generationen vor uns deutlich. Diese Ausstellung wurde in den Wochen vor dem Volkstrauertag im Baienfurter Rathaus gezeigt. Ihre Texte sollen in einer Broschüre zugänglich gemacht werden. Unter den Anlagen finden Sie einen Zeitungsbericht über die Vernissage ( Anlage 3 ). Eine Rede am Volkstrauertag 2021 auf dem Friedhof in Baienfurt bot dann die Möglichkeit, die Grundgedanken der zeitgemäßen Kommentierung auf der Stele in einer Art und Weise darzustellen, die im Inhalt von den Besuchern als eher neuartig und mutig empfunden worden sein dürfte.  Sie finden diese Rede im Anhang als Anlage 4.

 

Wir hoffen, dass wir Ihnen in diesen Mitteilungen einige interessante Informationen und motivierende Anregungen für die eigene Arbeit geben konnten, und freuen uns immer über Rückmeldungen, Informationen, Ideen und Anregungen von Ihrer Seite.

In diesem Sinne grüßen Sie alle ganz herzlich

 

Ihre

 

Uwe Hertrampf                          Peter Ederer                              Gertrud Graf

(für das Denkstätten-                (Vorsitzender Studentenwerk      (Vertreterin des DSK

sekretariat)                               Weiße Rose e.V.)                       bei der LAGG)

 

Anlagen:

  1. Pressemitteilung zur Ausstellung „Gurs 1940“
  2. Zeitungsartikel Schwäbische Zeitung vom 29.9.2021 über Vernissage der Ausstellung „Gurs 1940“ in der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart
  3. Zeitungsartikel Schwäbische Zeitung über Vernissage der Ausstellung „Gedenken an die Opfer der Weltkriege“
  4. Rede zum Volkstrauertag am 14.11.2021

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