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Wurzacher Schloss

Bad Wurzach

Das von der Ordensgemeinschaft der Salvatorianer geführte Salvatorkolleg im Wurzacher Schloss musste auf Druck der NS-Behörden schließen. Das Schloss wurde ab 1940 an die Heeresstandortverwaltung Biberach vermietet, die darin ein Kriegsgefangenenlager einrichtete. In diesem Lager mit der Bezeichnung Oflag VC, die es als drittes Offizierslager im Wehrkreis V (Württemberg) ausweist, wurden ausschließlich französische Kriegsgefangene korsischer Herkunft zusammengeführt. Dies geschah auf Bitten des noch verbündeten Italiens, das diese Kriegsgefangenengruppe in seinem Sinne beeinflussen wollte. Nach dem Scheitern dieses auch vom Oberkommando der Wehrmacht nicht gern gesehenen Projekts wurde das Oflag geschlossen und die Gefangenen in andere Lager, zum Beispiel in die Stammlager Villingen oder Ludwigsburg, überstellt. Zwei gewaltsame Todesfälle sind für diese Zeit nachweisbar.

Am 30. November 1942 wurden über 600 Zivilinternierte aus Jersey, darunter viele Familien mit kleinen Kindern, aus dem Lager Lindele (Biberach) in das Wurzacher Schloss verlegt, das nun als Internierungslager dem württembergischen Innenministerium unterstellt wurde. Diese Menschen waren auf persönlichen Befehl Hitlers als Racheakt für die Internierung deutscher Zivilisten im Iran von den britischen Kanalinseln deportiert worden. Allerdings wurden sie im Unterschied zu den Opfern in den Konzentrationslagern nach den Regeln der Genfer Konvention wie Kriegsgefangene behandelt und genossen deshalb einen gewissen Schutz durch das Internationale Rote Kreuz und die Schutzmacht Schweiz. Elf Internierte überlebten diese Zeit nicht.

Im November 1944 und Ende Januar 1945 kamen insgesamt 72 jüdische Häftlinge aus dem Konzentrationslager Bergen-Belsen nach Wurzach. Weil sie eine doppelte Staatsangehörigkeit hatten, waren sie in einen Austausch einbezogen worden, mussten aber in Ravensburg nicht weit von der rettenden Schweiz entfernt als überzählige Personen den Austauschzug verlassen. Sie wurden aber nicht nach Bergen-Belsen zurückgebracht, sondern für weitere Austausche, die aber nicht mehr stattfanden, bereit gehalten. Ein Häftling starb kurz nach seiner Ankunft in Wurzach an den Folgen der Misshandlung und Unterernährung.

Am 28. April 1945 wurden die britischen Internierten und die jüdischen Häftlinge von einer Einheit der französischen Armee befreit. Seit 2005 erinnert eine kleine Gedenktafel an einem der Wachhäuschen des Wurzacher Schlosses an das Lager. 2012 wurde anlässlich des 70. Jahrestages der Deportation von den Kanalinseln eine von Schülern des Salvatorkollegs gestaltete Gedenktafel im Schlosshof aufgestellt.

Text: Gisela Rothenhäusler

 

Literatur zu beiden Wurzacher Denkorten: Gisela Rothenhäusler: Das Wurzacher Schloss 1940 bis 1945 - Ein kleines Kapitel europäischer Geschichte. Kriegsgefangene im Oflag VC, Zivilinternierte aus Jersey, jüdische Häftlinge aus Bergen-Belsen. Lindenberg 2008.
Gisela Rothenhäusler: Reaching across the Barbed Wire. French PoWs, Internees from the  Channel Islands and Jewish Prisoners from Bergen-Belsen in Schloss Wurzach. Lindenberg 2012
Thelwell, Paula: Light out of Darkness, in: Jersey Evening Post 25. 7. 2002

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